Aus Niederlagen lernen

Der raetselhafte Selbstmordversuch eines 17 jaehrigen:Was kommt danach?

Auf dem Sprung ins Nichts

Vor neun Monate stuerzt Christian Leo vor die U-Bahn,verliert beide Haende- Žrzte,Psychologen,Angehoerige haben ihn gerettet und doch verloren

von Michaela Haas Muenchen,im Oktober.

Von dieser Samstagnacht im Januar weiss Christian Leo auch nicht mehr als das,was in der Zeitung steht. "Drogendrama",titelten am Montag die Muenchner Blaetter,"U-Bahn trennt Bub beide Haende ab" und "l7jaehriger ueberlebt Selbstmordversuch". Gegen 1.30 Uhr nachts sprang er in Neuperlach-Sued vor die U 5,und die Buchstaben auf seinem gruenen T-Shirt verrieten bereits,was ihn zu diesem Sprung getrieben hat,"Ecstasy". Christian Leos eigenes Hirn liefert ihm keine Bilder dazu,und er glaubt immer wieder die U-Bahn auf ihn zurasen und jede,Nacht aufs neue unter sich begraben koennte. Statt dessen rasen die Gedanken unter der von den Žrzten halb kahlrasierten Schaedeldecke.Er liegt im Krankenhaus Bogenhausen im siebten Stock und starrt aus dem Fenster. Blonde Locken kringeln sich um die kahlgelegte Stelle ueber den wachen blauen Augen und dem weichen,aufgeschwemmten Kindergesicht,in der Ecke flackert tonlos der Fernseher.So viel Zeit zum Nachdenken.Zu viel.Sein Zimmernachbar,70 Jahre alt,hat 30 Jahre lang Christians Traumberuf ausgeuebt:Kfz-Mechaniker. "Das geht ja jetzt wohl nicht mehr",sagt Christian Leo ganz sachlich. Sieben Stunden haben die Žrzte an seiner linken Hand operiert.Immer wieder schaut er auf die Photos,die sie von seinen Haenden gemacht haben,bemueht,die Wahrheit zu begreifen - "nur noch Fetzen und Blut,die linke Hand hing an ein paar Sehnen,da erkennst nicht mal mehr,dass das eine Hand war,die andere ist ganz ab". Nach der Operation reisst ihn jaeh der Gedanke aus dem Narkose Schlaf: "Jetzt bin ich ein Krueppel.Haett' mich die U-Bahn doch gleich ganz ueberfahren!" Er heult den ganzen Sonntag lang und ueberlegt,"was alles haette passieren koennen.Die Beine ab oder so.Dass es ausgerechnet die Haende sind!" Am selben Tag hat sich eine Greisin vor die U-Bahn geworfen.Der Selbstmordversuch hat sie ein Bein gekostet. Fast taeglich stehen Meldungen von Selbsttoetungsversuchen in den Zeitungen,kurz und spektakulae.Bei Jugendlichen ist die Zahl der Versuche hoeher als in jedem anderen Alter.Mehr als 900 Menschen unter 25 Jahren setzen jedes Jahr ihrem Leben ein Ende.Auf jeden Suizid kommen 25 Versuche Liebeskummer,Angst vor den Eltern,Schulprobleme,Pubertaetskrisen - in den Medien versuchen Psychologen und Angehoerige zu erklaeren,was so schwer zu erklaeren ist.Und irgendwann nach solchen Tragoedien legt sich das Interesse.Die Menschen,von denen sie handeln,fallen dem Vergessen anheim,und niemand verfolgt danach den verbitterten Kampf zurueck ins Leben. Christian Leo selbst weist den Gedanken,lebensmuede zu sein,entschieden von sich.Bemueht,zu rekonstruieren,was ihn seine Haende gekostet hat,spielt er in Gedanken nochmals jenen Tag durch:In Augsburg,wo sein Vater wohnt,traf er seine Ex-Freundin.Erst vor ein paar Wochen hatte sie Schluss gemacht.Er hoffte,sie kaeme vielleicht zu ihm zurueck.Aber Tanja war mit ihrem Neuen da.Den Rest jenes Tages fasst er nur noch stichwortartig in Absturzstationen zusammen:Erst Valium in Augsburg,dann Bier.Um 23.15 Uhr kauft er in der Giselastrasse in Muenchen Haschisch und "Saft",so heisst der Drogenersatz Codein in der Szene.Dann reisst der Film.Der Notarzt findet spaeter eine "Saft"-Flasche in seiner Jacke,dazu Valium und Alkohol im Blut. Als Christian Leo in Bogenhausen auf Station 5 aufwacht,stehen RTL und Sat 1,Pro 7 und Bild vor seiner Tuer und wollen wissen,was passiert ist.Aber genau das will er auch:"Wuerde selbst gern wissen,was da war,in den 2 Stunden.Wie er zum u-Bahnhof Neu-Perlach kam,warum er auf den Gleisen lag,mit einer Platzwunde am Kopf.Einer muesse ihn gestossen haben,sagt er,nie sei er freiwillig gesprungen,an Selbstmord habe nie,wirklich nie,gedacht.Vielleicht im Rausch,wo er so benebelt war? Er denkt es laut vor sich hin und antwortet sich selbst:"Nein,das kann ich mir nicht vorstellen." Die Polizei findet keinen Zeugen.Christian lehnt es ab,weiter nachzugruebeln:"Vielleicht ist es am besten,dass ich nicht weiss,was wirklich war." Mehr als ein Dutzend Psychologen un,d Sozialarbeiter haben ihre Haende nach ihm ausgestreckt,vor und nach dem Unfall.Fast alle Stellen,die der Sozialstaat aufzubieten hat,waren zu irgendeinem Zeitpunkt eingeschaltet:das Jugendamt,der Allgemeine Sozialdienst,die Drogenberatung,Žrzte.Alle Jugendlichen auf seinem Weg in eine Katastroph,e aufzuhalten,die sie vorhersahen.Warum war sie nicht zu verhindern?Die hilflosen Helfer sagen,sie wollten ein Netz spannen,das sollte ihn auffangen.Allein:Er haette auch hineinspringen muessen. Statt dessen sprang er auf die Gleise.Die leitende Psychologin im das Unglueck sei sei eine letzte Chance,das Ruder herumzureissen."Ich habe dafuer krebskranke Patienten vernachlaessigt,die im Sterben lagen,weil ich mir dachte,der Bub ist doch erst 17,da muss man doch was tun." Zunaechst sieht es so aus,als haette sie Erfolg gehabt.Zwei Wochen nach dem Sprung aufs Gleis,von dem er nur noch als "den Unfall" spricht,sitzt Christian lachend im Bett.Valderon troepfelt durch den durchsichtigen Schlauch in die Halsvene und lindert den Schmerz,den koerperlichen.Er hat trotzdem das Gefuehl,ein Folterer stosse ihm Nadeln in die Fingerkuppen seiner rechten Hand,die nicht mehr da ist.Phantomschmerzen."Magst mal sehen?" fragt er leichthin und schlaegt die Bettdecke zurueck.Dort ist die linke Rand an der Huefte festgenaeht,die Haut ganz schwarz und abgestorben.Die Haut aus der Leiste soll auf den Handruecken transplantiert werden.Er laechelt,als haette er Grund zur Freude."Ich bin darueber hinweg.",sagt er vergnuegt."das Leben geht weiter.Muss ja",sagt er,aber eher zu sich selbst."Vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht,dass das passiert ist.Wenn ich es jetzt nicht kapiere,ist mir nicht zu helfen." Nachdenklich legt er den duenn verbundenen Stumpf an die rechte Schlaefe,und ploetzlich bricht alles aus ihm heraus:das Heim,die Scheidung der Eltern,der Entzug,und Tanja."Ich hab alles kaputtgemacht,Beziehungen,Freundschaften,meine Eltern." Er zieht Bilanz,so ernsthaft wie ein alter Mann,"da hat erst so etwas passieren muessen".Und dann:Jetzt wird alles anders.Nie wieder.",ruft er."Ich ruehre keine Drogen mehr an!" Seine Freunde muss er jetzt auch wechseln,das ist klar.Einer hat ihn im Krankenhaus besucht,"der hat gar nicht kapiert,wovon ich rede,als ich sagte,er soll die Finger von dem Zeug lassen,er soll mich nur mal genau anschauen." "Wenn ich hier bloss erst raus bin",sagt Christian Leo im Krankenhausbett mit offenen - Augen traeumend,und er schmiedet wilde Plaene.Nach L.A.fliegen,eine Lehre machen,alles wird jetzt anders. Aber der Unfall habe ja nicht nur Nachteile" sagt er fast euphorisch:"Ich kann umsonst MVV fahren,ich muss nicht zum Bund,ich darf ueberall parken." Voller Widerwillen schuettelt er sich bei der Erinnerung an sein Leben von vorher,das bitter nach Drogen schmeckt:"Ich glaub,ich muesste jetzt kotzen,wenn sie mir so ein Glas Codein-Saft hinstellen wuerden." Mit "kapieren" meint er auch "den anderen Scheiss",den er gebaut hat,"Autos geklaut und so".Aber nie wurde er erwischt,da ist er stolz drauf,immer noch.Christian Leo sagt:"Ich wollte halt cool sein.Das ging los mit der Scheidung meiner Eltern,ich hab den Clown gemacht.Die Trennung der Eltern scheint der Wendepunkt zu sein,von da an kippt Christian Leos Biographie.Er fliegt von der Schule.Heidemarie Leo hat keinen Nerv mehr,irgend etwas zu beschoenigen,sie quaelt sich mit Selbstvorwuerfen.Die patent wirkende Frau,Bankangestellte von Beruf,fuerchtet,dass sie es alleine nicht schaffen wird,sie sucht Hilfe.Einmal in der Woche kommt eine Erziehungshilfe,doch die Mutter sagt achselzuekend:"Da kam halt einer vorbei und unterhielt sich." Was hat sie erwartet? Sie weiss sich keinen Rat.Schliesslich gibt sie das Kind,auch auf den Rat der Psychologen an Fachleute,die es reparieren sollen:drei Jahre ins Heim fuer Schwererziehbare.Aber damit wird alles noch schlimmer."Da ist mehr schiefgelaufen als andersrum",sagt die Mutter."Da hat das erst mit dem Haschisch angefangen." Christian fuehlt sich "wie im Knast",mit einigen,die den Ton bestimmen und anderen, "eins auf die Fresse geben,wenn die nicht spuren.Er gilt als intelligent,empfindsam und liebenswert-aber auch als schwierig.Ein Lehrer beschreibt ihn als "ganz starken Einzelgaenger."Christina Leo wuenscht sich nichts sehnlicher,als dass es "wieder wie frueher" wird,"dass wir uns gut verstehen".Doch nach Hause kann er nicht,Vaer wie Mutter fuehlen sich ueberfordert."Aus der Sicht der Eltern ist das gut zu verstehen",sagt Hans-Peter Bauer,der Heimleiter,"doch fuer Christian war es eine Riesenenttaeuschung."Manchmal geht er "auf Satz".Da zieht er naechtelang rum und fuehlt sich frei-"so ein Gefuehl von Freiheit" hat er anderswo nicht gekannt.Bald entdeckt er neue Fluchtwege:Haschisch,Rohypnol,Ecstasy.Im Heim,sagt er,sei er "ueberhaupt erst dazu gekommen.Weil,wenn du nicht mitmachst,bist du ein Aussenseiter."Er bleibt beim Kodein haengen:"Da konnte ich alles ausblenden.Man so ein warmes Gefuehle im Koerper.AlleSorgen,die ich hab,die waren dann weg."Der Heimleiter hat "die Illussion aufgegeben",er koenne das alles verhindern,dass sich die Jugendlichen Drogen beschafften.Mit der S-Bahn sei es nur eine Viertelstunde bis Stuttgart,da sei alles zu haben. "Ich mach dicht",hat Christian an dem Tag gesagt,als er unter die U-Bahn geriet.Diesen Satz hat seine Mutter oft gehoert.Dichtmachen.Sich abdichten gegen den Schmerz.Sie wusste,dass der Drogen nimmt,Haschisch zumindest.Ihr Sohn,sagt sie,habe offen darueber gesprochen,als etwas Harmloses:"Es war ihm nicht bewusst,dass er den Suchtweg geht."Wie reagieren als Mutter?Sie schwankt zwischen Strenge und dem ,was sie fuer Liebe haelt.Die Pschologen sagen,sie sie zu weich,zu nachgeibeig mit ihrem Hungen.Die Muter hat egegen eigenen Depressionen zu kaempfen.Ihre Stimme wird schrill vor Anstrengung:"Aber ich habe ihm auch ins Gewisen geredet,oft genug."Verbieten hilft nichts,das weiss sie,schreien,toben,was soll es?Da sperrt er sich nur in sein Zimmer ein.Sie spricht mit dem Heimpsychochologen,doch auch da fuehlt sie sich alleingelassen."Da kam nur Blabla."Sie fordert,das Heim solle "oefter mal eine Razzia machen",da habe es geheissen:"Die Privatsphaere der Jugendlcihen hat Vorrang."Eine Chronologie der Hilflossigkeit.Dabei beschreibt der Heimleiter Hans Peter Bauer das "beinahe taegliche Bemuehen" mehrerer Erzieher,Christians Drogenkonsum zu reduzieren.Letztlich aber,sagt er,"haben wir,das Jugendamt,die Eltern,wir alle zusammen nicht rechtzeitig erkannt,dass das gekippt ist in Richtung Sucht".Leise setz er hinzu:Ich glaube nicht einmal,dass wir eine Chance gehabt haetten."Christian habe immer weit von sich gewiesen,dass er harte Drogen nehme.Wirklich zu konltrollieren sei das nicht.Die einzige Moeglichkeit,sagt er,waere Christian rund um die Uhr einen Begleiter zur Seite zu stellen,der ihm auffange,wenn er in Drogenraeusche abstuerzte.Nach einem dieser Abstuerze stellt eine Klinik die eindeutige Diagnose: Sucht."Damit",sagt Bauer,"war klar,dass er nicht bei uns bleiben kann.Mit einem wirklich Suechtigen sind wir ueberfordert." Wieder wird Christian Leo weitergereicht.Da ist er laengst selbst ueberfordert in seinem manchmal aufflackernden Wunsch,sein Leben "auf die Reihe zu kriegen".Christian zieht wieder zur Mutter,zusammen wollen sie eine Lehrstelle suchen.Die Mutter glaubt,er sei clean,denn er habe so optimistisch gewirkt,so,gluecklich wieder zu Hause zu sein.Drei Wochen spaeter macht der Sprung auf die Gleise diesen Optimismus zunichte.Ausgerechnet an die Katastrophe klammert sich die Mutter nun wie an einen Rettungsanker."Jetzt hoffen wir halt",sagt sie,und eine bruechigce Froehlickeit schimmert durch,"die Psychologin sagt,jeder Unfall wird das Leben veraendern,und ich hoffe zum Posiven. Beim naechsten Besuch liegt Christian auf der Intensivstation,angeschlossen an ein halbes Dutzend Schlaeuche,der Computer malt in einer gelben Kurve seine Herzfrequenz auf den schwarzen Schirm.Nicht viel hat gefehlt,und er waere gestorben.Eine Infektion.Schmal und blass liegt er in seinen Kissen und phantasiert im Narkosetraum von all seinen Freunden aus dem Kickboxverein die draussen vor dem Fenster ein grosses Herz aus Ihren Koerpern formen."Ich will hier raus..,"wimmert er,"zwei Monate meines Lebens hab ich hier verbracht,ich will endlich hier raus." Der Rueckfall Ein halbes Jahr spaeter,in der Reihenhaushaelfte seiner Mutter in Trudering.Drei Fingerspitzen der linken Hand kann er bewegen,das Gelenk geht wieder der Daumen steht steif nach aussen.Geschickt angelt er sich eine Marlboro aus der Packung,klemmt den Boden des Feuerzeugs in die Linke,die Prothese am rechten Arm surrt beim Klicken.Eine Operation muss er noch ueber sich ergehen lassen,die transplantierte Haut ist auf dem linken Handruecken zu einem dunkelbraunen Huegel gewachsen.Doch seine Zeit laeuft immer noch stotternd voran.Auus der Reha-Klinik ist er nach wenigen Wochen geflogen,es heisst,"aus disziplinarischen Gruenden".Christian war morgens nicht aus dem Bett zu kriegen,die Rrankengymnastik fand er zu langweilig,um dafuer frueh aufzustehen.Wie war eine Institution ueberfoerdert,wieder wurde Christian Leo weitergereicht,wieder heisst es,wenn der Junge nicht wolle,koenne man nichts machen. Die unendlich langen Tage vertreibt er nun mit seinem besten Kumpel: "Kaufhaeuser durchschauen,andere Jugendliche anmachen,mit Strohhalmen von Mc Donalds Leute auf Rolltreppen bespucken.Er entschuldigend."Ein bisschen Spass darf ich doch haben,oder?" Vielleicht wird er im naechsten Jahr eine Lehre machen,"irgendetwas mit Computern",aber "so weit voraus kann ich jetzt noch nicht denken" Er hat vergessen,dass er Besuch bekommen sollte und vorher gekifft.Das Haschisch macht ihn schlaefrig."Dass ich das Kiffen auch lasse,habe ich nie gesagt,oder?" erkundigt er sich kokett,aber es wirkt auch unsicher. Monika Dorfmueller,die Psychologin,die ihn monatelang betreut hat,kann ihre Enttaeuschung kaum verbergen:Sie beschreibt die Arbeit mit ihm als Versuch,gegen Betonwaende anzurennen.Wenn er jetzt zu den Sprechstunden komme,sei er "meistens zu voll und so weg,dass nichts zu ihm durchdringt". Sie habe alles getan,was sie koenne:"Wir haben alles angeboten,was dieses Haus anzubieten hat,und das ist eine ganze Menge",letztlich aber sei es ein "familiaeres Problem".Wenn er und die Mutter nicht mitziehen,koennen wir nichts machen."Die Mutter indes sagt frustriert:"Wenn er nicht bereit ist,koennen wir alle nichts machen." Illusionslos kommt Monika Dorfmueller zu dem Schluss:"Wir sind gescheitert.Das war das Erfolgloseste,was wir seit langem gemacht haben." Und nun? "Jetzt haben wir alle grosse Angst um ihn." Und Christian Leo hat Angst vor sich selbst.Er weiss,dass er sich auf sich nicht verlassen kann.Auf dem niedrigen Couchtisch vor dem Bett in seinem Zimmer steht eine Flasche mit Codeinsaft.Woher kommt die? Er habe sich einen Arzt gesucht,der es ihm verschreibe,sagt Christian,als Ersatz fuer Heroin."Wenn ich es nicht nehme,habe ich Kreuzschmerzen,dass ich kaum die Treppe runterkomme,und zittere und schwitze." Schon vor seiner Entlassung,erzaehlt er,habe er sich manchmal mit seinem besten Kumpel aus der Klinik gestohlen,sie gingen zur Giselastrasse,zur Szene von frueher.Er hat vergessen,was er zwischendurch kapiert zu haben schien. Er nimmt wieder Kodein,einmal auch Ecstasy.Mit Heroin hat er vorher ein biss chen experimentiert,jetzt drueckt er. "Ich bin ein schwerer Junge",sagt er mit schweren Augenlidern,und diesmal klingt es nicht kokett,nur traurig und unendlich muede."Ich weiss auch nicht,warum ich wieder angefangen habe." Verbissen kaempft er - gegen sich,gegen die Sucht. Er ringt um jeden Millimeter Boden,den er der Sucht abtrotzen kann,und es ist beschaemend fuer ihn,zu gestehen,dass sie ihn immer wieder besiegt.Seit drei Tagen ist er zum stationaeren Drogenentzug im Schwabinger Krankenhaus.Sieben Wochen wird das dauern ausgegangen waere.Er schuettelt den Kopf."Ich glaube nicht.Ich lebe eigentlich gern." ***

SZ 11.10.1997



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